Peter Burschel war Forstmann, Ökologe und Jäger durch und durch!
Er studierte in der Nachkriegszeit Forstwissenschaft in Göttingen, Freiburg und München. Nach der Promotion in Göttingen 1955 absolvierte er seine Referendarzeit und arbeitete als
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Waldbau an der Uni Göttingen. Neben einem Studienaufenthalt an der Oregon State University in Corvallis in den USA arbeitete er von 1966 bis 1972
als Direktor des Institutes für Waldbau in Valdivia in Chile. Von 1972 bis 1994 hatte er den Lehrstuhl für Waldbau und Forsteinrichtung an der Uni München inne. Dann ging er nochmals für einige
Jahre nach Argentinien. Für sein wissenschaftliches Wirken erhielt er 1994 von der TU Dresden und 1997 von der Universidad Austral de Chile jeweils die Ehrendoktorwürde.
Sein Hauptforschungsgebiet war zunächst der Einsatz von Herbiziden im Wald. In diesem heute äußerst kritisch gesehenen Bereich begann er für damalige Verhältnisse völlig ungewohnt, ökologische
Wechselwirkungen zu sehen und mit zu bedenken. Ökologisches Denken hat ihn zeitlebens begleitet und sein Schaffen beeinflusst, z.B. im Bereich der Verjüngungsökologie von Bergmisch – und
Buchenwäldern. Prof. Burschel setzte sich in den 70er und 80er Jahren mit dem Waldsterben auseinander und warf dabei die Frage auf, ob der Bergmischwald verschwinden wird oder sich noch verjüngt.
Seine bahnbrechenden Untersuchungen zum Bergmischwald hatten ein frappierendes Ergebnis: obwohl eine Unmenge an Tanne, Buche, Bergahorn, Vogelbeere und Fichte pro Hektar vorhanden war,
verhinderte der Verbiss durch Gams-, Rot-, und Rehwild das Aufwachsen der Mischbaumarten. Als Folge blieb im Höhenbereich von 75 – 130 cm oftmals nur die Fichte übrig! So wurde im Umfeld seiner
Forschung der Begriff der „Entmischung“ geprägt. Damit war der destruktive Einfluss überhöhter Wildbestände erkannt und belegt.
Burschel war folgerichtig einer der Förderer und Unterzeichner des bahnbrechenden Aufrufs „Schalenwild und Wald. Aufruf zur Reduzierung überhöhter Schalenwildbestände“ (sh.
Download), der 1974 von großen Teilen der forstwissenschaftlichen Lehrstühle in München, Freiburg und Göttingen erfolgte. Das Ende dieser achtseitigen Schrift
formulierte klar und umfassend erstmals die bis heute gültige Grundaussage: „Es muss möglich sein, die wichtigsten an einem Standort heimischen Baumarten ohne Schwierigkeiten zu verjüngen. Die
Jäger werden nur dann ihrer Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Natur gerecht, wenn sie die Schalenwildbestände dieser Forderung anpassen.“ Horst Stern kommentierte den Aufruf damals etwa
so: „Es geschah etwas Ungeheuerliches; zum ersten Male wurden Forstwissenschaftler sich ihrer Verantwortung gegenüber Wald und Gesellschaft bewusst!“ Damit war der Anfang eines unumgänglichen
Prozesses gemacht.
Burschel hatte jagdlich eine klare Haltung, die er auch in seinem eigenen Praxisbereich als Leiter des Universitätswaldes durchsetzte, wo er den Abschuss auch gegen den Zeitgeist zu Gunsten
des Waldes deutlich erhöhte. Es war ihm klar, dass das Eintreten für die Reduktion der überhöhten Schalenwildbestände Widerstände hervorrufen würde und dass mit der in den 80er Jahren
durchgesetzten Erhebung und Bekanntmachung des Verjüngungszustands im Wald die Jagd wieder zu einem gesamtpolitischen Problem werden könnte. Er hoffte in diesem Zusammenhang auf eine Verbesserung
der Verjüngung wie zu Zeiten der 1848er Revolution. Auch wenn dies so nicht eingetreten ist, war sein Engagement für angepasste Wildbestände ein Meilenstein in der Entwicklung einer
zukunftsfähigen Jagd, deren Maßstab wesentlich der Wald ist und sein muss. Es war nur folgerichtig, dass Prof. Burschel 1988 zu den Gründungsvätern des ÖJV Bayern zählte.
Ich selbst durfte ihn gelegentlich auf ÖJV-Veranstaltungen treffen und war von seinem klaren, unbeirrbaren Eintreten für eine ökologisch ausgerichtete Jagd beeindruckt. Gut in Erinnerung sind mir
seine kritischen, treffenden Einschätzungen so mancher Bayerischer Wälder und Jagdeinrichtungen, z.B. im Ebersberger Forst, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließen.
Der ÖJV Bayern hat guten Grund, Peter Burschel für sein fachliches Wirken und seine Mitarbeit im ÖJV Bayern zu danken. Wir sind stolz, dass er manchem Gegenwind zum Trotz der Sache und dem ÖJV
treu geblieben ist. Wir werden ihm als Wegbereiter einer zukunftsfähigen Jagd im Sinne von „Wald vor Wild“ ein ehrenvolles Andenken bewahren.
Dr. Wolfgang Kornder
(Vorsitzender des ÖJV Bayern e.V.)