Die seit 2019 gültige Schonzeitaufhebungsverordnung ist mit dem 31. Juli ausgelaufen und eine Nachfolgeregung ist in Arbeit. Der ÖJV Bayern bekennt sich ausdrücklich zu einer Fortführung dieses wichtigen Instruments zur Eindämmung der zu hohen Schalenwildbestände in bayerischen Alpenraum und v.a. in den Sanierungsgebieten.
Wie auch die klimatische Situation 2024 zeigt, haben die Schutzwälder in den bayerischen Alpen eine überragende Bedeutung für den Klima- und Hochwasserschutz in ganz Südbayern. Hinter dieser überlebenswichtigen Aufgabe müssen andere Interessen hintenanstehen.
Der Aufbau gemischter Schutzwaldstrukturen wird leider vor allem durch den übermäßigen Verbiss durch Reh-, Rot- und Gamswild verhindert. Die beabsichtigte Erneuerung der Verordnung über die Schonzeitaufhebung ist daher unbedingt erforderlich und wird vom ÖJV Bayern besonders begrüßt und gefordert.
Bekräftigt wird diese Forderung vor allem auch durch den kürzlich veröffentlichten Kurzbericht der LWF zum Forschungsprojekt „Integrales Schalenwildmanagement im Bergwald“. In diesem Bericht wird deutlich, dass vor allem im Projektgebiet Karwendel „...im Hinblick auf Verjüngungssituation und Verbisswerte, die waldbaulichen und naturschutzfachlichen Ziele sowie die Ziele im Hinblick auf die Schutzfunktion (!!) …nur eingeschränkt erreicht werden“ und auch im Projektgebiet Chiemgau „…besteht im Hinblick auf die o.g. Ziele weiterhin Handlungsbedarf; insbesondere gilt dies für die Schutzwaldsanierungsflächen mit hoher Sanierungsdringlichkeit“!
Aufgrund dieser eindeutigen Aussagen und Ergebnisse ist die Fortschreibung der Schonzeitaufhebungsverordnung eine absolute Notwendigkeit und steht für den ÖJV Bayern deshalb auch außer Frage.
Ein weiterer interessanter Aspekt des o.g. Forschungsprojekts war das Ergebnis, dass die Schalenwildbestände in den Projektgebieten „überraschend individuenreich“ und „vital“ sind. Damit gehören wohl zukünftig auch Horrormeldungen wie „Gams am Abgrund“ der Vergangenheit an und entbehren jetzt jeglicher wissenschaftlichen Grundlage.
Außerdem sind die seit 2001 stetig steigenden Schalenwildstrecken und die die gleichzeitig überproportional steigenden Abschüsse im Rahmen der Schonzeitaufhebungsverordnung dadurch nicht nur erklärbar, sondern mehr als notwendig!
Für die Fortführung der Aufhebung der Schonzeitverordnung wurden nun einige Vorschläge bzw. Forderungen in die Öffentlichkeit getragen. Die vorgeschlagenen Flächen wie auch die vorgenommenen Flächenanpassungen scheinen nachvollziehbar, ebenso sehen wir die Flächenreduktion als relativ unspektakulär an.
Viel mehr stellen wir Forderungen anderer Verbände in Frage, die ganz eindeutig in eine Beeinträchtigung der notwendigen Schalenwildreduktion hinauslaufen und definitiv nur das Zeil verfolgen, den Erfolg zu schmälern.
So sehen wir das geforderte Jagdverbot in 24 der Schonzeitaufhebungsgebiete im Februar und März als vollkommen unnötige Einschränkung an. Würde in diesen beiden Monaten sehr viel Schnee liegen, würde man dort sowieso kein Wild antreffen, bzw. erlegen. Sind die Bedingungen aber gut, so könnte man dann dem Wild nur beim Verbeißen zuschauen. Eine derartige Forderung konterkariert geradezu den Sinn der Verordnung und ist deshalb strikt abzulehnen.
Auch die geforderte jagdliche Verantwortung der Berufsjäger sehen wir als kritisch an. In den Forstbetrieben ist in den Wintermonaten der Berufsjäger stark mit der Betreuung der Fütterungen belastet, so dass für eine angemessene Bejagung der Schonzeitaufhebungsbereiche schlicht die nötige Zeit fehlt. Es geht bei dieser Forderung wieder einzig und allein darum, dass so wenig Wild wie möglich erlegt wird!
Auch eine jagdliche Beschränkung auf sog. ortsansässige Jägerinnen und Jäger schränkt eine erfolgreiche Vergrämung in den Sanierungsgebieten nur unnötig ein. Warum soll ein Jäger, der seit vielen Jahren in Sanierungsgebeiten erfolgreich jagt, dann nicht mehr dort jagen dürfen, weil er die Kilometerbegrenzung überschreitet. Auch dort aufgewachsene Jägerinnen und Jäger, die ihren Wohnsitz verlegt haben, dürfen dann nicht mehr jagdlich aktiv sein.
Der ÖJV Bayern begrüßt ausdrücklich die Fortführung der Schonzeitaufhebungsverordnung in den Sanierungsgebieten, ist aber gegen Forderungen, die nur dazu dienen, den Erfolg dieser Ausnahmeverordnung zu schmälern, bzw. nicht die notwendige Reduktion des Schalenwilds in den Sanierungsgebieten nach sich ziehen.
Vielmehr fordert der ÖJV Bayern in allen betroffenen Forstbetrieben die mit Schonzeitaufhebungs-Verordnung verbundenen Möglichkeiten konsequent zu nutzen, um die Funktionsfähigkeit der geschwächten Schutzwälder so rasch wie möglich wiederherzustellen. Eine halbherzige Umsetzung, wie sie mit Blick auf die Abschussergebnisse und den Projektbericht zum integralen Schalenwildmanagement in einigen Forstbetrieben zu vermuten ist, hilft nicht nur den geschundenen Schutzwäldern nichts, ein solches Verhalten beschädigt auch dieses Instrument, weil dann von Gegnerseite die angebliche Wirkungslosigkeit einer Schonzeitaufhebung erfolgreich ins Feld geführt werden kann.
Uwe Köberlein
1. Vorsitzender ÖJV Bayern