Ein Artikel von Sebastian Freiherr von Rotenhan in der Ökojagd 4 - 2022
Seit 2000 besitze ich in der Lausitz ein traumhaft schönes Forstrevier mit knapp über 2000 ha Holzbodenfläche. Dieses liegt unweit Cottbus mit zwei ca. 10 km voneinander entfernten Forstorten zur Gänze im Muskauer Faltenbogen, wo die Braunkohle auf Grund einer durch Gletscher bedingten Oberflächenverschiebung zu Tage steht. Diese wurde über Jahrhunderte von der Bevölkerung quasi mit der Schaufel genutzt und so entstanden die heute das ganze Revier prägenden so genannten Gießer, mehr oder weniger große Grundwasserseen, die letztlich nichts anderes darstellen als voll Wasser gelaufene Kohlegruben. Im Revier gibt es auf diese Weise ungefähr 250 ha Wasserfläche, wobei jeder dieser Seen eine unterschiedliche Wasserqualität aufweist. Vom türkisblauen Badesee bis zur braunen „Brühe“ liegt alles direkt nebeneinander und die Forscher sind bis heute emsig beschäftigt herauszufinden, warum das so ist. Der Wald erhält durch diese Seen einen einmaligen Reiz und wir sind heute froh, dass die BVVG uns diesen Betrieb verkauft hat, bevor jemand auf die Idee gekommen ist, einen Naturpark daraus zu machen.
Unschwer vorstellbar, dass sich die Fauna hier in einer wunderbaren Vielfalt zeigt. Rotwild, Rehwild, Schwarzwild gibt es ohnehin und wir haben alle Mühe, diese Bestände zahlenmäßig auf einem waldverträglichen Maß zu halten. In allen Nachbarrevieren wird Schalenwild nach „alter deutscher Sitte“ gehegt mit dem Erfolg, dass außer der Kiefer nichts wächst. Der Kranich brütet alljährlich mit drei bis vier Paaren, der Seeadler tut dies bei uns zwar noch nicht, ist aber so gut wie immer da, die Rohrweihe kann regelmäßig beobachtet werden und zu unserer großen Freude ist der Fischotter Standwild.
Ungläubiges Staunen erregte allerdings im Jahr 2001 ein Jagdgast, der nach einem Hochwildtreiben berichtete, er habe einen Wolf gesehen, es gebe keinerlei Zweifel, es sei wirklich einer gewesen.
Er habe erst kürzlich Wölfe in einem Zoo erlebt und diese hätten genauso ausgesehen. Um ehrlich zu sein, keiner hat ihm das so recht abgenommen, als aber ein Jahr später ein weiterer Jagdgast vom selben Erlebnis berichtete, begannen wir, die Sache ernst zu nehmen.
Inzwischen kommen die heimlichen Wölfe, wenn auch nicht häufig, so doch immer wieder in Anblick. Die Bauern können ihre Schafe über Nacht nicht mehr auf den Koppeln lassen und wir finden gelegentlich Risse, meist Rehe. Welch’ wunderbare Heimkehr eines heimischen, über die Jahrhunderte von
Menschenhand ausgerotteten Raubwildes!
Helle Aufregung allerdings herrscht bei den Sonntagsjägern. So willkommen der Wolf bei uns Waldbesitzern ist, die Jäger erblicken in ihm entgegen allen unglaubwürdigen Beteuerungen ihrer Verbandsspitzen einen unerwünschten Konkurrenten und es gibt für mich nicht den leisesten Zweifel daran, dass nicht erst einer in einem unbeobachteten Moment Opfer eines zornigen Waidgenossen wurde. Der kürzliche Abschuss eines Wolfes in Niedersachsen ist beredter Beweis für die Richtigkeit meiner Vermutung. Möge keiner behaupten, hiesigen Jägern könne derlei nicht passieren. Der Jagdneid ist sprichwörtlich und eint die Jäger, egal woher sie kommen.
Die Jagdzeitschrift „Wild und Hund“ widmete dieser „Problematik“ kürzlich gar ein halbes Heft und das Bild eines Wolfs zierte das Titelblatt. Jagdpächtern wird breiter Raum zur Verfügung gestellt, um ihr Herz auszuschütten und schließlich festzustellen, es bliebe statt Freude am Waidwerk nur noch Frust. Der böse Wolf, er fresse eben alles auf. In Sonderheit litte das Muffelwild und es trifft wirklich zu, dass die Wölfe einen kleinen Bestand bei Weißwasser binnen kurzem ausgelöscht haben. Aber ist das nicht ein Segen? Was keine Jagdbehörde zugelassen hätte, haben die Wölfe erledigt, den „Totalabschuss“ einer Wildart,
die in Deutschland nichts zu suchen hat und einst nur zum Schießvergnügen der Jäger ausgesetzt wurde. Bravo, lieber Wolf, so räumt man mit einer Faunenverfälschung auf und bringt das Ökosystem in Ordnung.
Der ganze Artikel aus der Ökojagd zum Download...