Pressemitteilung vom 04. Juli 2013


75 Jahre Deutsches Jagd- und Fischereimuseum München

Lehren ziehen aus der braunen Vergangenheit!

Das Deutsche Jagd- und Fischereimuseum München feiert den 75. Geburtstag. Es wurde 1938 im Dritten Reich gegründet! Gegen diesen Rückblick auf die Vergangenheit ist nichts einzuwenden. Was damals geschehen ist, ist geschehen und ein offener und selbstkritischer Umgang mit der Vergangenheit ist sicher sinnvoll um alles aufzuarbeiten und die Lehren in die Gegenwart zu übertragen. Doch eben diese Offenheit und Selbstkritik kommt im Deutschen Jagd- und Fischereimuseum München bislang zu kurz. Den einen oder anderen mag Wehmut überkommen, wenn er vor den riesigen Geweihen steht – nicht bedenkend welcher Raubbau dafür damals an der Natur und welche Verbrechen dafür an der Menschheit begangen wurden.

Hintergründe:
Christian Weber, "Alter Kämpfer" der NS-Riege aus Polsingen, Duzfreund Adolf Hitlers, Organisator der Erinnerungsmärsche des 9. November, im Dritten Reich mächtiger Naziherrscher in München, SS-Brigadeführer, ... der am 26.04.1934 den Antrag zur Gründung stellte, hatte 1933 mit Mitteln der NSDAP die zum Verkauf stehende Arco- Zinneberg'sche Geweihsammlung erworben. Am 19. November 1934 wurde Weber von Reichsjägermeister Hermann Göring zum Präsidenten des Deutschen Jagdmuseums auf Lebenszeit ernannt. Bei der Gründung des Museums 1938 im Ostflügel des Nymphenburger Schlosses waren als Geschenke Hitlers und Görings zu der Geweihsammlung monumentale Bilder (z. B. Göring mit erlegtem Rotwild) gekommen. Und weiter: "Zur Eröffnung seines Prestigeobjekts >Deutsches Jagdmuseum< ließ Stadtrat Weber im Oktober 1938 12.000 Teilnehmer zu einem Festzug antreten, dessen Titel er persönlich ersonnen hatte: >1000 Jahre Jagd – 1000 Jahre Tracht<" (München >Hauptstadt der Bewegung< S. 341). Hitler bewilligte dafür im Nachhinein 50.000 Reichsmark. Diese Rolle Christian Webers ist in Herbert Rosendorfers "Die Nacht der Amazonen" authentisch dargestellt.

Ob es allerdings beim Museumsjubiläum zu der notwendigen kritischen Auseinandersetzung mit der unsäglichen Wiederbelebung der Trophäenjagd mit ihrem Aufartungsgedanken durch das Dritte Reich kommt, ist eher unwahrscheinlich: Noch heute, Juli 2013, schmücken Göring'sche und Frevert'sche Trophäen, vornehmlich aus Rominten das Museum.

Dieser unbefangene Umgang mit der Tradition des Jagdmuseums München gibt gerade in unserer Zeit zur Besorgnis Anlass, denn offenkundig soll wieder einmal die nationalsozialistisch belastete Tradition der Trophäenjagd und der Museumsgeschichte verdrängt und unterschlagen werden. Zwar sind seit dem kritischen Bericht im Zeitspiegel 2005 bei den Trophäen der von Hermann Göring erlegten Hirsche ("Matador", "Augustus", "Odin") keine direkten Hinweise auf den Erleger mehr zu finden, doch sie hängen, was in entsprechenden Kreisen sehr wohl bekannt ist, nach wie vor - und bei den Trophäen von Walter Frevert (u.a. "Leutnant", erlegt am 09.10.44 in Rominten) fehlt diese Zurückhaltung und eine Einordnung des Erlegers bis heute.

Bezeichnend ist diesbezüglich die Aussage des damaligen Museumsleiters Bernd Ergert zur Sammlung mit Erinnerungsstücken des Oberforstmeisters Walter Frevert 2005: "Für mich ist Frevert ein großer Meister der Hundeabrichtung gewesen. Und er war auf diesem Gebiet eigentlich unübertrefflich..." (zit. nach Henkel 2005). Damit wird die historische Einordnung Walter Freverts unterschlagen, der u. a. 1941 als Sonderbeauftragter Hermann Görings "zwecks Befriedung und Evakuierung des Urwalds Bialowies" für die Einrichtung des Reichsjagdgebiets Bialowies zuständig und dazu mit umfassenden Vollmachten ausgestattet war. In seine Verantwortung fielen u. a. die Evakuierung und Vernichtung zahlreicher polnischer Dörfer. Zwischen 25. und 31. Juli 1941 wurden 34 Dörfer vernichtet und 6446 Einwohner vertrieben (Kwiet 1993, zit. nach Gautschi 1998). Im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen mussten am 9. und 15.08.1941 über 350 jüdische Menschen vor ihrer Hinrichtung durch das berüchtigte Polizeibataillon 322 ihre eigenen Gräber schaufeln." (Kritik Murgtal, http://kritikmurgtal.blogsport.de/2011/05/12/walter-frevert-gedenken-durch- vergessen/2011). Und zu Görings Trophäen formulierte Ergert 2005: "Sie gehören eben auch zum Museum. Und warum sollte ein Museum nicht auch eine Trophäe eines Mannes zeigen, der vielleicht in dieser Zeit sehr in Erscheinung getreten ist, der letzten Endes auch zur Deutschen Jagdgeschichte gehört." (zit. nach Henkel 2005) Und man fragt sich, ob es ein Zufall ist, dass im Hof des Göring'schen Feudalsitzes in Karinhall in der Schorfheide der gleiche Keiler stand wie heute vor dem Deutschen Jagdmuseum?

Fazit:
Der ÖJV Bayern ist der Meinung, dass diese Vergangenheit des Deutschen Jagdmuseums nicht verdrängt und schon gar nicht glorifiziert werden darf. In einer Zeit, in der nationalsozialistisches Gedankengut wieder von sich Reden macht, sollte dies und die damit verbundenen Fehlentwicklungen endlich aufgearbeitet werden. Es kann und darf nicht sein, dass sich ein Jubiläum mit diesem Hintergrund in Hörnerklang und im Schwelgen um die Trophäensammlung des Grafen Arco erschöpft.

Die Jagd hat heute wichtige Probleme zu lösen: In fast 50 % der bayerischen Wälder bedrohen zu hohe Verbissschäden den dringend notwendigen Waldumbau. Das vermehrungsfreudige Schwarzwild macht zunehmend Probleme. Vor diesem Hintergrund geht es darum, die damals grundgelegte unselige Trophäenjagd, bei der die Trophäenschauen durch Reichsjägermeister Göring zur Pflicht erhoben wurden und der Wald nur die Kulisse für die Jagd war, als Fehlentwicklung herauszustellen. Damit könnte der Weg für eine zeitgemäße Form der Jagd, die sich ihrer dem Gemeinwohl dienenden Funktionen bewusst ist, geebnet werden.

gez.

Dr. Wolfgang Kornder

1. Vorsitzender ÖJV Bayern

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Pressemitteilung des ÖJV Bayern 4.7.2013
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Lehren ziehen aus der braunen Vergangenheit!
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