Lohr am Main, 25. April 2015
Der ÖJV vertritt eine Jagd, die von der Achtung gegenüber den Wildtieren als Mitgeschöpfe einerseits sowie dem Respekt vor den Belangen des Grundeigentums und der Gesellschaft andererseits getragen ist. Dazu werden an den jeweiligen Lebensraum angepasste artenreiche Wildbestände mit heimischen Tierarten angestrebt. Naturnahe Lebensräume, insbesondere standortstypische Waldgesellschaften mit einer vielfältigen autochthonen Pflanzen- und Tierwelt, sollen durch die Unterstützung einer Jagd, die sich diesen Zielen unterordnet, geschaffen, erhalten bzw. gefördert werden. Zeitgemäßes ökologisches und wildbiologisches Wissen sowie umfassendes handwerkliches Können sind Grundvoraussetzungen für die ökologische Jagd.
Jagd ist im Rahmen des Nachhaltigkeitsgrundsatzes die legitime Nutzung von Wildtieren. Ökologisches Jagen setzt den tierschutzrechtlichen Grundsatz um, dass Wildtieren keine unnötigen Störungen zugemutet oder Schmerzen zugefügt werden und sie nur bei Vorliegen eines vernünftigen Grundes getötet werden dürfen. Vernünftige Gründe für die Bejagung sind:
sofern Probleme nachgewiesen werden und durch jagdliche Regulierung behoben werden können.
Das Töten von Tieren, ohne sie sinnvoll zu nutzen, widerspricht dem Grundverständnis einer ökologischen, ethisch verantwortungsvollen Jagd. Die Erlegung nur um der
Trophäe willen oder das sinnlose Töten zum Ausschalten vermeintlicher Nahrungskonkurrenten (z.B. Fuchs) wird abgelehnt.
Der ÖJV lehnt aus Tierschutzgründen grundsätzlich die Bau- und Fallenjagd ab. Der Abschuss wildernder Hunde und streunender Katzen ist zu verbieten bzw. nur nach
behördlicher Einzelgenehmigung zuzulassen.
Eine herausragende Aufgabe der Jagd ist die Herbeiführung lebensraumverträglicher Schalenwilddichten. Jagd muss die Entwicklung aller für den Lebensraum typischen
Arten (z.B. Bäume, Sträucher und Kräuter und alle damit vergesellschafteten Tiere) sicherstellen. Damit schafft die ökologische Jagd die Voraussetzung dafür, dass Grundeigentümer im Rahmen der
rechtlichen Vorgaben alle Optionen zur Nutzung ihrer Flächen zur Verfügung haben und diese ihren individuellen Zielen gemäß nutzen können. Ein konstruktiver Dialog zwischen Jagdgenossen und
Jagdausübungsberechtigten ist erforderlich, um die Belange der Grundeigentümer zeitnah beim Jagdmanagement zu berücksichtigen. Wichtige Elemente dieses Dialogs sind gemeinsame Revierbegehungen
sowie Monitoringverfahren, wie Weisergatter, Verbissaufnahmen und Schälschadensgutachten, die das Jagdmanagement bestimmen.
Der ÖJV tritt für eine flexiblere Gestaltung von Jagdpachtverträgen ein. Mindestpachtzeiten sind abzuschaffen. Zudem ist die Eigenbewirtschaftung zu fördern und die
Verpachtung an Vereine zu ermöglichen. Wildschadensfeststellungen im Wald sind praktikabler zu gestalten, Wildschäden im Wald vollumfänglich zu ersetzen.
Ökologische Jagd unterstützt wesentliche Ziele des Naturschutzes zum Erhalt einer artenreichen naturnahen Flora und Fauna. Deshalb ist in der Regel auch in
Schutzgebieten die Jagd nicht nur zulässig, sondern notwendig, um die jeweiligen Schutzziele zu verwirklichen. Dabei können Einschränkungen bei bejagbaren Wildarten, Jagdmethoden und Jagdzeiten
erforderlich werden. Stehen jagdliche Handlungen dem Schutzziel eindeutig entgegen, ist auf diese zu verzichten. In Schutzgebieten, in denen natürliche Prozesse ohne Einfluss des Menschen
ablaufen sollen (Nationalparks, Kernzonen von Biosphärenreservaten), hat der Nutzungsaspekt der Jagd zurückzutreten. Sie weicht einem allenfalls notwendigen Wildmanagement.
Der ÖJV sieht sich auch für Tierarten in der Verantwortung, die nicht dem Jagdrecht unterliegen und vom Naturschutzrecht geschützt sind. Insofern sollten Schutz und
Jagd der Tiere flexibler gestaltet werden und einer regelmäßigen Überprüfung unterliegen. Eine regionale Anpassung ist sinnvoll.
Die Verwendung von bleifreier Munition trägt zum Arten-, Tier- und Umweltschutz bei und gewährleistet unbelastetes Wildbret.
Aus den Inhalten dieser Leitlinien lassen sich Tierarten ableiten, die genutzt werden können oder reguliert werden müssen. Damit Tiere jagdbar sind, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Jagdliche Methoden müssen geeignet, zielführend und erforderlich sein.
Jagd setzt wie jedes Handwerk Können voraus. Daher steht am Anfang der praktischen Jagdausübung eine solide fachliche und praxisnahe Ausbildung, die durch eine kontinuierliche Weiterbildung ständig ergänzt wird. Gesicherte Erkenntnisse der Wissenschaft müssen bei der Aus- und Weiterbildung von Jägern berücksichtigt werden. Ergeben sich Konflikte zwischen widerstrebenden Belangen, ist eine sorgfältige Abwägung fundierter Argumente notwendig (z.B. Jagdzeit im Januar). Das jagdliche Wissen ist durch verpflichtende Fortbildungsveranstaltungen zu erweitern. Die Schießfertigkeit ist regelmäßig durch Nachweise zu überprüfen.
Behördliche Abschusspläne haben nur dort Sinn, wo sie zum Schutz vor der Übernutzung einer Wildpopulation oder zur Durchsetzung angepasster Wildbestände unerlässlich sind. Beim Rehwild soll der behördliche Abschussplan nur in den Fällen beibehalten bleiben, in denen im Rahmen revierbezogener Verbissgutachten ein untragbarer Schaden konstatiert wurde. Allgemein sind beim Schalenwild Mindestabschusspläne getrennt nach Geschlechtern völlig ausreichend.
Wild braucht Ruhe vor unnötigen jagdlichen Störungen. Die Jagdstrategien haben dies zu berücksichtigen. Vorzugsweise sollen daher Jagdmethoden angewendet werden,
welche dem Wild möglichst wenig Stress bereiten. Daher ist denjenigen Jagdstrategien und - methoden der Vorzug zu geben, welche den größten Erfolg bei geringster Störung versprechen. Schwerpunkt-
und Intervallbejagung, verbunden mit Jagdruhephasen einerseits, kombiniert mit Sammelansitzen sowie (möglichst revierübergreifenden) Drück- und Stöberjagden sind zielführende Elemente einer
ökologischen und tierschutzgerechten Jagdausübung. Dazu bedarf es der Synchronisierung der Jagdzeiten unter Berücksichtigung der regionalen Aktivitätsphasen des Wildes. Jagdruhephasen z. B im
Februar/März bzw. in den Sommermonaten gehören zu einem zeitgemäßen Jagdmanagement.
Wildtiere sind an alle Nahrungsengpässe und Wildkrankheiten vielfältig natürlich angepasst. Es braucht keine Fütterung, Äsungsverbesserung, Impfungen oder
Medikamente. Kirrungen sind, falls überhaupt erforderlich, so restriktiv einzusetzen, dass keine Folgen für die Populationsdynamik zu erwarten sind.
Zur Verhütung von nicht tragbaren Wildschäden können, insbesondere beim Schwarzwild, Nachtjagd und Saufänge (Genehmigungsvorbehalt!) notwendig werden. Hierfür sind
die entsprechenden technischen Einrichtungen und Instrumente zuzulassen.
Die Inhalte von Hundeprüfungen sind rasseunabhängig an die jagdliche Praxis anzupassen. Die Ausrichtung der Prüfungen darf nicht auf die Landesjagdverbände beschränkt bleiben. Eine Ausbildung oder Prüfung an lebenden Tieren (z. B. an Fuchs und Ente) ist grundsätzlich nicht erforderlich. Sollte es in begründeten Fällen notwendig sein, sind objektive Normen und Belange des Tierschutzes einzuhalten. Zum erfolgreichen Jagen auf Schalenwild sind geeignete Stöberhunde unverzichtbar. Dabei ist ein Überjagen durch organisatorische Vorkehrungen grundsätzlich zu vermeiden. Reviernachbarn haben überjagende Hunde zu dulden.
Der ÖJV sucht den Kontakt zur Öffentlichkeit durch Fachveranstaltungen und Veröffentlichungen, um die Jagd von Klischees zu befreien, ein zukunftsfähiges Modell der
Jagd anzubieten und ihre Bedeutung als gestaltendes Handwerk der Landnutzung zum Wohle aller zu verdeutlichen. Der ÖJV ist insbesondere Ansprechpartner für die Zusammenhänge von Landschaft,
Lebensräumen, Wild und Jagd. Er ist überparteilich und unabhängig.
Die Begriffe „Hege“ und „Waidgerechtigkeit“ sind tief in einem traditionellen Jagdverständnis verwurzelt, das die Jagd als Selbstzweck ansieht. Diese Begriffe sind
deshalb mit dem Jagdverständnis des ÖJV unvereinbar.
Nicht das Erscheinungsbild der Jagd muss sich ändern -
die Jagd an sich muss sich ändern, um Glaubwürdigkeit zu gewinnen.