13. Oktober 2014
Ein beinahe konspiratives, in jedem Fall jedoch wunderschön von der satt-goldenen Oktobersonne beleuchtetes Zusammentreffen war es, zu dem man sich am Samstagmittag auf einem der zahlreichen
entlegenen Forstwege unterhalb des Taubenberg-Gipfels traf: In Anwesenheit des Landrats Wolfgang Rzehak, der ersten bzw. stellvertretenden Bürgermeister von Warngau, Valley, Weyarn, Holzkirchen
und Miesbach sowie anderer Funktionsträger aus Forstwirtschaft und Jagdwesen überreichte der Vorstand des Ökologischen Jagdvereins Bayern (ÖJV) der Stadt München den diesjährigen „Wald vor
Wild“-Preis.
Sie stehen im Wald und verstehen nur Jägerlatein?
Wunderbar - damit wären wir beinahe schon bei der Kernaussage angekommen: Die Forstwirtschaft und insbesondere auch die Jagd sind Bereiche, die den meisten von uns Metropolregionsbewohnern in
unserem Alltag fremd geworden sind.
Während wir unserem Tagesgeschäft im Speckgürtel oder unseren Verpflichtungen auf Facebook nachkommen, ist uns der Wald allenfalls noch als Action-Location für eine Runde mit dem Mountainbike
vertraut.
(Exkurs: Es waren wieder zwei nicht mehr ganz junge Ehrgeizlinge der vollgefederten Zunft, die während der Laudatio grimmig-bebrillt und ungebremst durch unser Honoratioren-Grüppchen auf dem
Forstweg gerauscht sind, dass die Krawatten nur so geflattert sind. Nochmal zum Mitschreiben, Ihr Rüpel: Bremsen, Grüßen, Weiterfahren! Exkurs Ende.)
Also, zurück zum Thema: Die Wälder am Taubenberg gehören nicht etwa zur Gotzinger Trommel oder einer Biobrauerei aus Neumarkt/Oberpfalz und auch nicht der Gemeinde Warngau, sondern der Stadt
München. Sie ist im Übrigen mit etwa 5.000 ha die zweitgrößte kommunale Waldbesitzerin in Bayern und ist auch für das Forstliche am Taubenberg zuständig.
Wer nun dort vom Wegesrand genauer ins Gehölz blickt, erkennt dort beispielsweise einen gesunden Bestand an jungen Weißtannen, der bereits stattlich groß und damit der Verbissgefahr durch die
einheimischen Wildbestände entwachsen ist. „Die Weißtanne ist der Schlagbohrer unserer Wälder“, formuliert es der stellvertretende ÖJV-Vorsitzende und dritte Bürgermeister von Miesbach Michael
Lechner bildlich in seiner Laudatio. „Sie hält den Boden zusammen und lässt in ihrem Schutze zum Beispiel die Buche aufkommen, sie ist quasi die treibende Kraft in der Strategie gegen die
forstliche Monokultur.“ Eine Monokultur, mit der Wald gerade in Zeiten des Klimawandels seiner wichtigen ökologischen Funktion nicht mehr gerecht würde.
Unserem Blick in den Wald entgeht auch nicht, dass diese Vielfalt an jungen Bäumen nachwächst, ohne künstlich gepflanzt bzw. kosten- und ressourcenintensiv von Schutzmanschetten, Zäunchen und
Einfriedungen vor Verbiss geschützt werden zu müssen. Damit bleibt auch der Lebensraum der Waldtiere intakt, die, wir schon in der Schule gelernt haben, sich gerade im Winter auf der Futtersuche
über riesige Flächen bewegen müssen und dabei nur ungern auf unüberwindbare Zäune stoßen – also eingesperrt werden. Ist der Grundsatz „Wald vor Wild“ also gar nicht so „tierfeindlich“, wie er
gelegentlich ausgelegt wird? Ist es also doch kein Prinzip, das „sich an der Schöpfung versündigt“ und nur Tierschützer provozieren soll?
„Wald vor Wild“ hat als normatives Prinzip seit 2005 im Freistaat Gesetzesrang, die Realität sieht freilich noch anders aus, wie die jährlichen bayernweiten Verbissgutachten belegen. Man sei teilweise „erst auf halber Strecke“, hören wir, und „vielerorts sei der hohe Verbiss nach wie vor nichts anderes als ein ökologisches Drama“.
Vor diesem Hintergrund hat sich das Wald- und Jagdmanagement der Stadt München ein erfreuliches Zeichen für ein neues, nachhaltiges Denken und Wirtschaften gesetzt und sich sozusagen als
Blaupause für eine ökologisch-nachhaltige Zukunftsstrategie empfohlen. Lobende Worte für die städtische Behörde findet auch der aus Mittelfranken angereiste Vorstand des ÖJV, Dr. Wolfgang
Kornder, ist in seiner Rede:
„Was hier umgesetzt wurde ist vorbildlich. Die Stadt München hat durch eine konsequente Bejagung die Verjüngung und insbesondere die Naturverjüngung weitgehend ohne Schutzmaßnahmen ermöglicht
und so zum Aufbau stabiler gemischter und artenreicher Wäldern beigetragen. Niemand bejagt 5.000 ha alleine. Da gehört eine Mannschaft dazu, die mitmacht, die begeistert jagt, die ihr Handwerk
versteht, die bereit ist dazuzulernen, die den Gemeinschaftserfolg oben anstellt. Die klassische Trophäenjagd oder ein wässriges „Wald und Wild“, in dem letztlich der Wald doch nur Kulisse
für die Jagd ist, kommen uns vor dem Hintergrund des Erreichten zu Recht rückständig vor. Kurz und bündig gilt: Der Wald zeigt, ob die Jagd stimmt. Und in diesem Wald am Taubenberg geht es dem
Wild, dem Schalenwild besser als je zuvor, weil der innerartliche Stress und die Nahrungskonkurrenz zurückgehen.“
Die Stadt München als ökologische Schrittmacherin in den Wäldern des Gäus – eine wohltuende Botschaft, auch und gerade mit Blick auf den gleichzeitig am Fuße des Taubenbergs stattfindenden
„Aktionstag Wasser“ der Stadtwerke München, wird doch in Sachen Wasser zwischen Stadt und Oberland immer wieder so mancher (Schatten-)kampf ausgefochten.
Auf dem Weg zum festlichen geschmückten Betriebshof in der Nähe des Spiralschachtes haben wir noch Gelegenheit mit unserem stellvertretenden Bürgermeister und ÖJV-Schriftführer Robert Wiechmann
und Vorstand Dr. Wolfgang Kornder über die Jagd im allgemeinen und den ÖJV im speziellen zu sprechen: Man arbeite schlichtweg an einem modernen Jagdbegriff, sind sich die Herren einig. Vorbei sei
die Zeit des Machismo und eines naturfernen Machtgebarens bei der Jagd, bei denen einem nur Göring und Honecker in den Sinn kommen.
Ein Verständnis der und für die Jagd in der Bevölkerung zum einen sei das übergeordnete Motiv der Arbeit im ÖJV, zum anderen und eng damit verbunden die gemeinsame Anstrengung für ein gesundes Ökosystem Wald im Sinne aller Beteiligten: der Jäger, der Forstverwaltung, der Waldbesitzer und der Erholungssuchenden.
Der Landkreis Miesbach ist ein Waldlandkreis, insbesondere der Nordlandkreis gilt seit jeher als „Holzland“ – Wald und Jagd ist daher ein Kosmos, der uns nicht nur periphär, sondern in vielerlei
Hinsicht unmittelbar berührt. Uns interessiert hier Ihre Meinung: Haben die Stadt München und der ÖJV nun mit „Wald vor Wild“ hier ein nachhaltiges Statement gesetzt?
Quelle: http://www.holzkirchnerei.de